Lysimachos, 305 - 281 v. Chr. Tetradrachme ø 30mm (17.09g). ca. 297/6 - 282/1 v. Chr. Mzst. Lampsakos. Vs.: Kopf Alexanders des Großen mit Diadem und Ammonshorn n. r. Rs.: ΒΑΣΙΛΕΩΣ / ΛΥΣΙΜΑΧΟΥ, Athena mit Nike, Speer und Schild, verziert mit Gorgoneion, n. l. thronend, l. im inneren Feld Monogramm, darunter Mondsichel. Thompson, Lysimachus 61 var. (Monogramm); SNG France 2545 var.; Müller, Lysimachus 392 var.; HGC 3/II, 1750b.
Schöne Tönung, ein meisterhaftes Alexanderporträt! Lysimachos diente in der Leibgarde (Somatophylakes) Alexanders des Großen; nach dessen Tod wurde ihm Thrakien unterstellt. Nachdem er sich 306/05 v. Chr. wie die anderen Diadochen zum König erhoben hatte, dehnte er seine Territorien bis nach Lydien und Pontos aus. 297 v. Chr. führte Lysimachos einen neuen Gold- und Silbermünztyp ein, mit dem er sich als legitimer Nachfolger Alexanders des Großen inszenierte: Auf der Vorderseite ist der deifizierte Alexander abgebildet, der durch Widderhörner als Sohn des Zeus-Ammon gekennzeichnet ist. Dies erinnert an Alexanders Reise zum Orakel in der Oase Siwa, wo die Priester des ägyptischen Sonnengottes Amun-Re, der in Gestalt eines Widders verehrt wurde, die göttliche Abkunft des Eroberers bestätigten (331 v. Chr.). Auf der vorliegenden Tetradrachme ist das Alexanderbildnis meisterhaft ausgeführt. Es wurde vermutet, dass dieses Glanzstück der hellenistischen Münzprägung auf eine Gemme des Pyrgoteles zurückgehen könnte, dem einzigen Steinschneider, der Alexander zu dessen Lebzeiten abbilden durfte. Zu Recht bemerkte G. K. Jenkins: [T]he best of the Alexander heads on Lysimachos coinage [...] have a power and brilliance of effect that is irresistible (Catalogue of the Calouste Gulbenkian Collection of Greek Coins II, S. 117).
SAMMLER-PORTRÄT:
1943 geboren, begann ich 1962 ein Jura-Studium und arbeitete nach dem 2. Staatsexamen als Justitiar. 1976 wechselte ich als Richter in die Arbeitsgerichtsbarkeit mit Stationen in allen Gerichtsebenen und letztlich der Pensionierung im Jahre 2006.
Schon in der Schülerzeit erwuchs aus meiner Faszination für Kultur und Geschichte eine erste Sammelleidenschaft. Funde auf Abraumhalden der Zechen meiner Heimatstadt Bochum führten zu einer recht umfangreichen paläologischen Sammlung, die ich nach dem Abitur meinem Gymnasium zu Lehrzwecken überließ.
Daneben baute ich in den 50er-Jahren eine erste Münzsammlung auf, zunächst Preußen, Weimar und 3. Reich. Als ein Händler mit großem Verständnis für junge Sammler mit kleinem Geld Fundmünzen aus der Mosel im Jahr der Jahrhunderttrockenheit (1959) anbot, steuerte die Sammlung in Richtung römische Münzen. Ab 1976 folgte mit Reisen ins östliche Mittelmeer (Türkei, Syrien, Libanon) der Umstieg auf antike griechische Münzen.
Die Entdeckung erster baktrischer Münzen 1988 auf der seinerzeit populären Bochumer Münzbörse war das Schlüsselerlebnis zur Spezialisierung der Sammlung. Ich war beindruckt von der außergewöhnlichen Qualität der graeco-baktrischen Herrscherportraits und ihrer in der Numismatik nahezu einmaligen Wandlung von Jugend- zu Altersbildnissen. Gleichermaßen spannend fand ich eine Vielzahl von Revers-Darstellungen mit der Verschmelzung hellenistischer, parthischer, zoroastrischer und hinduistischer Gottheiten. Die Tetradrachmen des Antimachos I (ca. 185- 170 v.Chr.) sind ein beredtes Beispiel: Die einen Dreizack präsentierende Gottheit stellt eine symbiotische Verbindung zwischen Poseidon und Shiva dar; den Untertanen eines Reichs, das weder Meeresgestade noch größere Flüsse kannte, war der griechische Meeresgott kaum geläufig, das Bild des indischen Gottes Shiva aber durchaus vertraut. Dies belegt einmal mehr, dass die baktrischen Münzen den kulturellen Austausch und die religiöse Dynamik zwischen Europa und Asien in frühen Jahrhunderten in einmaliger Weise visualisieren.
Über viele Jahre habe ich nun meine antiken Münzen zusammengetragen, in den letzten 30 Jahren mit dem Ziel, ein möglichst breites numismatisches Panorama des griechisch-baktrischen Raums und umliegender Herrschaftsbereiche zu erfassen. Dies in engem Kontakt zu Osmund Bopearachchi, dem Autor des bis heute unerreichten Standardwerks Bopearachchi ,O., Monnaies gréco-bactriennes et indo-grecqes, Paris: B.N. 1991. Osmund wurde mein numismatischer Mentor und betreute über Jahrzehnte den Aufbau der Sammlung.
Leider scheiterte nach mehreren Anläufen der Versuch einer Publikation. Sinnvoll erschien mir daher - nicht zuletzt altersbedingt - die Sammlung in eine Auktion zu geben. So wünschenswert es erscheint, eine Sammlung in toto weiterzugeben, wird dies immer eine Ausnahme bleiben. Umso mehr sehe ich mit großer Freude der Dokumentation der Sammlung durch den Katalog des Auktionshauses Gorny & Mosch entgegen und hoffe, dass die Münzen einer neuen Sammler-Generation Freude bereiten werden.
Klaus Grigo, Bochum, den 08.08.2023
vz; GRIECHEN; THRAKISCHE KÖNIGE UND DYNASTEN; diverse