BYZANTINISCHE BLEISIEGEL. Staurakios. Zweiseitiges Siegel ø 29mm (17.08g). Ca. 730 - 750 n. Chr. Vs.: + AΓIA - TPIAC O - ΘC HMWN - BOHΘH - >+<. Rs.: + CTAV-PAKIW ΠA-TPIKIW S - CTPAT[H]-ΓW +. Zacos I 667, 1006b.
Ex Sammlung Prof. Dr. Wolfram Weiser; ex Rauch eAuktion 12, 2013, Los 1054.
Hagia trias ho th(eo)s hemon boethe(i) / Staurakio patrikio s (= kai) stratego; Heilige Dreiheit, unser Gott, hilf / Staurakios, (dem) Patrikios und Strategos; - die Palmettenkreuze erscheinen auf Kommerkiarier-Siegeln fast nie, nur auf Stücken des Direktors der staatlichen Goldwirkerei Iohannes, Hypatos & Archon des Blattions von 729/730 bzw. als Hypatos, Chrysepsetes & Archon des Blattions von 730/731 (Zacos I 319-322, 240-241 Tafel 43). Auch auf Zypressen-Siegeln von 705/717 sind sie nachgewiesen.
Die Formel, nicht als Monogramm und nicht als Umschrift eines Monogramms, sondern linear geschrieben, kommt auf Siegeln folgender weiterer elf Signatare vor:
Andreas, Patrikios & Strategos (Zacos 554, 743 Tafel 72; PMBZ 394);
Arsaber, Patrikios & Strategos ton Thrakesianon (!) (Zacos 559, 753 Tafel 73 = DOC.Seals III 1, 1.2; PMBZ 595);
Christophoros, Kubikularios & Parakoimomenos (Zacos 567, 770A Tafel 217 = Österreich I 162 um725/750; PMBZ 1097);
David (Zacos 576, 790 Tafel 75; PMBZ 1257);
Georgios, basilikos Spatharios (Zacos 595, 834 Tafel 77; PMBZ 2137);
Lykastos, Hypatos & basilikos Spatharios (Zacos 627, 917ac Tafel 81); Hypatos, basilikos Spatharios & Strategos Kephallenias (Zacos 628, 919ab Tafel 82 = DODOC.Seals II 6f, 1.15a, 1.15c; dazu drei weitere: 1.15b, 1.15d, 1.15e (?); PMBZ 4647);
Marianos, Patrikios & Strategos (Zacos 630f, 923b Tafel 82; PMBZ 4757);
Niketas, Hypatos (Zacos 1650, 2906; Metcalf, Cyprus 482, 770; PMBZ 5390); Hypatos & Dioiketes (Zacos 647, 956 Tafel 84; PMBZ 5395);
Niketas, Hypatos, basilikos Spatharios & Eparchos Thessalonikes (Zacos 947, 957 Tafel 84 = DODOC.Seals I 59, 18.20; PMBZ 5394);
Petros (Zacos 651f, 966A Tafel 218; PMBZ 6018);
Theophylaktos, Episkopos Athenon (ohne HMWN; Laurent V 1, 437f, 585 Tafel 79 (weil der Bischof nicht auf der Parthenon-Liste erscheint, plädierte Laurent für eine Datierung irgendwann vor dem Tod des frühest genannten Bischofs der Inschrift, am 19. Oktober 693, wohl irrig, denn das Siegel weist bereits ein Rankenkreuz über der Reversaufschrift auf); PMBZ 8245).
Keiner dieser Signatare ist literarisch bezeugt, so dass diese Siegel zur Feindatierung kaum heranzuziehen sind. Allerdings weist die Formel, mit welcher die sonst übliche Theotokos-Invokation ersetzt wurde, auf den ersten Ikonoklasmus hin, der 730 staatlich sanktioniert, 754 noch verschärft und 775 zunächst abgeschafft wurde. Das vorliegende Siegel entstand daher wohl um 730/750.
Ein sehr ähnliches Siegel führte Staurakios, basilikos Spatharokandidatos (Zacos 1656, 2921 Tafel 199; PMBZ 6875): >+< - A IA TP-IAC O EO-C HM?N BOH[ ]H / + CTA-VPAKI? - BACI IK? - C A APO[K]-AN [A]-T? + . Der Rang ist literarisch erst um 800/850 bezeugt, etwa im Taktikon Uspenskij, von 842/843, 53, 22ff, von Winkelmann, Rangstruktur 24f zu Unrecht angezweifelt; mehrere Siegel erweisen die Existenz des Ranges jedoch schon um 700/750 (Winkelmann, Rangstruktur 39).
Ein weiteres sehr ähnliches Siegel führte (Staur)akios, Patrikios, basilikos Protospatharios & Strategos Sikelias (Licha?ev, Molivdovuly LXXII 1 (M-8135), zitiert nach PMBZ 6885: Wegen der recht seltenen Invokation wäre eine Identifikation mit dem gleichnamigen Patrikios und Strategos (# 6877) nicht unwahrscheinlich (so auch androvskaja bei Licha?ev, Anm. 1).).
Die sigillographisch nachweisbare Karriere des Staurakios bezeugt ihn also zunächst als kaiserlichen Spatharokandidatos ohne Angabe der Dienststellung. Dann wurde er zum kaiserlichen Protospartharios befördert, zum Patrikios erhoben und als Strategos eingesetzt. Das vorliegende Siegel nennt ihn Patrikios & Strategos, während das Siegel in der Eremitage nicht nur den Rang des kaiserlichen Protospatharios bezeugt, sondern auch das Thema, dem Staurakios als Militär-Gouverneur vorstand, Sizilien.
Gelbbraune Patina, vz; MISCELLAN; SIEGEL; BYZANTINISCHE BLEISIEGEL