BYZANTINISCHE BLEISIEGEL. Konstantinos Monomachos, später Kaiser Konstantin IX. Zweiseitiges Siegel ø 35mm (15.69g). Ca. 1035 - 1036 n. Chr. Vs.: WPΓ - I -TW CW ΔOUΛ, Büste des hl. Georgios mit Schild und Lanze. Rs.: - KWN - A'CΠAΘ, E[,] - TOV XPOTPI, - MOΔOPAT, - KPIT, TOV RH-Λ, S TOV OΨI-K O MON,M'.
Ex Sammlung Prof. Dr. Wolfram Weiser, ex Athena, 1991.
Ho (hagios) Georg(ios) - K(yri)e boethei to so dul(o) / Kon(stantinos) a (= proto)spath(arios) e(pi) tu chr(ys)otri(klinu) modorat(or) krit(es) tu bel(u) s (= kai) tu opsik(iu) ho Mon(o)m(achos); Der heilige Georgios - Herr hilf deinem Diener / Konstantinos (der) Protospatharios epi tu Chrysotriklinu, Moderator, Krites tu Belu & tu Opsikiu, der Monomachos; - Trotz der Invokation ist die Revers-Aufschrift im Nominativ geschrieben. Während das Stempelfeld des Avers nur 26mm breit ist, erreicht dasjenige des Revers 31mm.
Das Siegel gehörte Konstantinos Monomachos, der 1042-1055 als Konstantinos IX. Kaiser der Rhomaioi werden sollte. Oft wird heute noch auf seine hehre Abkunft hingewiesen, er sei ein typischer Vertreter der byzantinischen Beamtenaristokratie gewesen (Ostrogorsky 270). Psellos, der seinem Kaiser sieben Panegyriki gewidmet hat, spricht lediglich über das hohe Alter der Familie, ohne konkret zu werden. Selbst die Nachricht eines armenischen Zeitgenossen, Konstantins Vater sei hoher Jurist gewesen, ist nicht recht glaubhaft (Weiss, Beamte, 82 mit Anm. 246).
Monomachoi werden zum ersten Mal bekannt im 8./9. Jahrhundert, wobei freilich nicht zu sagen ist, wann tatsächlich ein Familienname und wann nur ein Beiname gemeint war. Der heilige Niketas Monomachos, Sohn von Gregorios und Anna, mit Neffen Niketas und Ignatios (PMBZ 2443, 449, 2668, 5473), wurde Ek Prosopu, dann, 796/797 bis 798 oder 799, Patrikios & Strategos von Sizilien. 811 wurde er Mönch und Abt und starb am 6. Oktober 836 (PMBZ 5424). Eustathios Monomachos war unter Theophilos, 829-842, Koiaistor (PMBZ 1787), Ignatios Bischof von Nikomedia, abgesetzt 845/846 (PMBZ 2669).
Aus dem 10. Jahrhundert stammen Siegel des Eunuchen Paulos Monomachos, als Patrikios, basilikos Protospatharios & genikos Logothetes, dann als Anthypatos-Patrikios, basilikos Protospatharios & basilikos Sakellarios; dann, 954, ist der hohe Herr als Magistros bezeugt (Skylitzes 241, 30; Jordanov, Bulgaria I 297ff, 473-480 und 481 Tafel 532).
Inzwischen ist, besonders durch die Siegelforschung, belegt, dass Konstantinos Monomachos eine beeindruckende Karriere in Justiz und Verwaltung gemacht hat; aber er war kein General und konnte daher nicht für gewonnene Schlachten gepriesen werden.
Vor 1028 oder schon vor 1025 hatte Konstantinos Monomachos, bereits in zweiter Ehe, eine Skleraina unbekannten Vornamens geheiratet, die einzige Tochter des Basilios Skleros, 1025/1028 Patrikios, dann verbannt, 1028 begnadigt und zum Magistros erhoben, 1032/1033 jedoch - auf Betreiben des Hofeunuchen Iohannes Orphanotrophos - erneut entmachtet und verbannt (Seibt, Skleroi 65-69, 13), und der Pulcheria, einer Schwester von Romanos (III.) Argyros, 1028-1034 Kaiser. Damals gehörte Konstantinos Monomachos über seine Gemahlin, die Nichte des Kaisers, zur kaiserlichen Familie (Seibt, Skleroi 70-76, 15f). Seine Skleraina hatte Maria Skleraina Protospatharissa, wohl ihre verwitwete Nichte, mit ins Haus gebracht (Seibt, Skleroi 70). Schon zu Lebzeiten des Kaisers hatten die Augen seiner Gemahlin Zoe wohlgefällig auf dem jungen Beau Konstantinos Monomachos geruht (Psellos I 126, 17f; Seibt, Skleroi 73). Inzwischen war Konstantins Skleraina gestorben, und es entwickelte sich ein leidenschaftliches Verhältnis zwischen ihm und Maria Skleraina. Zoes Favorit war damals Michael, ein jüngerer Bruder des Iohannes Orphanotrophos. Am 11. April 1034 starb Romanos III. Argyros im Bad. Noch am gleichen Tag nahm Zoe Michael (IV.) zum Gemahl und verschaffte ihm so die Kaiserherrschaft. Vorsorglich ließ Iohannes Orphanotrophos Konstantinos Monomachos entmachten und vom Hof entfernen. Er musste 1035/1036 nach Mytilene in die Verbannung gehen, wohin ihm seine Maria Skleraina folgte. Michael IV. erlag am 10. Dezember 1041 einem seiner epiletischen Anfälle; sein Nachfolger Michael V. wurde am 20. April 1042 abgesetzt und geblendet und Iohannes Orphanotrophos verbannt. Da erinnerte sich Zoe an den schönen Konstantin, ließ in rehabilitieren und empfing ihn bei Hof. Aber auch diesmal gab sie einem anderen den Vorrang, Konstantinos Atroklines, obwohl dieser verheiratet war. Konstantinos Monomachos sollte als Krites (Richter, Zivilgouverneur) nach Hellas abgeschoben werden, was diesen überaus erbost haben soll. Aber da vergiftete die Noch-Gemahlin ihren Atroklines, und Monomachos wurde dann doch Kaiser, am 11. Juni 1042, durch Heirat mit der 64-jährigen Zoe. Seine Maria ließ er aus Mytilene nachkommen und das Georgios-Tropaiophoros-Kloster des Mangana-Palastes errichten (vgl. Lemerle, Études 273-283; Müller-Wiener 136ff). Er dekorierte sie mit dem neuen, uralten Titel Sebaste und ließ sie als Dritte im Bunde am Hofleben teilnehmen - bis Maria an einem nicht ganz unmysteriösen Leiden verstarb (Schlumberger, Epopée III 395-400; Seibt, Skleroi 71-76, 15). Zoe starb 1050, der Kaiser am 7., 8. oder 11. Januar 1055. Sein Bild ist auf einer Krone und einem Mosaik - in der Hagia Sofia - erhalten (C. Kiadó, Budapester Museen, Budapest 1985, Tafel 11-11a = Schug-Wille 182 bzw. Coche de la Ferté 71 = Schug-Wille 164). Siegel des Konstantinos Monomachos vor seiner Zeit als Kaiser sind folglich zu erwarten bis zu seiner Verbannung, 1035/1036, und vielleicht noch 1042, Ende April bis vor den 11. Juni.
Ein Siegel, dessen Avers demjenigen des vorliegenden Stückes überaus ähnlich ist, bis hin zur Verteilung der Lettern des Heiligen-Namens im rechten Feld, überliefert Konstantinos Monomachos als Spatharios & Protonotarios der Bukellarioi, mit Hauptstadt Ankyra (heute Ankara): DOC.Seals IV 8f, 1.21 (dort irrig als Protospatharios). Zwar war das Thema der Bukellarier das fünft-prominenteste, doch war der Protonotarios damals nicht mehr der Zivilgouverneur, sondern ein Kanzleimagistrat bescheideneren Ranges.
Ein Siegel, dessen Bulloterion vermutlich derselbe Künstler geschnitten hat, überliefert Konstantinos Monomachos angeblich als Protospatharios & Logothetes ton Agelon, als Direktor der Reichsgestüte: Hirsch 173, 1992, 1426 (dort unbestimmt) = S/Z 54f, 1.2.9, in DOC.Seals III 59 zitiert. Bei diesem Siegel fällt auf, dass einerseits sogar der Artikel ausgeschrieben ist: TWN A E[ ], andererseits die hohe Charge des Logothetes nur durch ein bezeichnet wäre. Dieses ist kaum leserlich - und wegen des vorliegenden Siegels ausgeschlossen. Im jüngsten Taktikon, dem Taktikon Escurial, von 971/974, stand der Logothetes ton Agelon (269, 34) sehr weit über den Protospatharioi & Kritai tu Belu (273, 15). Einerseits vom Protospatharios zum Protospatharios epi tu Chrysotriklinu befördert, andererseits aber vom Logothetes ton Agelon zum Krites tu Opsikiu degradiert zu werden, erscheint unrealistisch. Der eine Buchstabe, mit dem der Signatar geradezu verschämt seine Dienststellung bezeichnet, war kein , sondern vermutlich ein K; er war nicht L(ogothetes) der Reichsgestüte, sondern nur K(omes), ein dem Logothetes zuarbeitender subalterner Magistrat des Logothesions (zur Charge vgl. Oikonomides, Listes 338; Laurent II 289-299).
Zur Prägung des vorliegenden Siegels wurde ein älteres Bulloterion, wie dasjenige zur Prägung vom Siegel DOC.Seals IV 8f, 1.21, ausgeschlachtet: die Nut, mit der die beiden Arme verbunden waren, wurde durchtrennt und ein älterer Arm, mit dem Aversstempel, mit einem neuen Arm, für die Rückseite, zusammengeschmiedet. So konnte schon mit den neuen Titeln gesiegelt werden, bevor ein neuer Aversstempel angefertigt war. - Das vorliegende Siegel, mit viel breiterem Revers als die beiden vorherigen, bezeugt die Beförderung des Konstantinos Monomachos vom Protospatharios zum Protospatharios epi tu Chrysotriklinu (zum Rang vgl. oben zum Siegel des Leon, Epi ton Deeseon). Der sehr seltene Rang des Moderators, hier gestelzt archaisierend Modorator geschrieben, stand in justinianischer Zeit besonders hochrangigen Provinz-Gouverneuren zu (vgl. RE 15.2, 1932, Art. Moderator, 2315-2318 (W. Enßlin); DOC.Seals III 156; vgl. auch die Siegel des Moderators Theopemptos (um 550/650): Zacos I 1620, 2830 Tafel 195, und Michael, Spatharokandidatos & Moderator (um 700/900): Schlumberger 544, 2 Abb. = PMBZ 5068); seine Bedeutung im 11. Jahrhundert ist unbekannt. - Als Krites tu Belu, Velum-Richter, gehörte Konstantinos inzwischen dem höchsten Reichsgericht an, dessen zwölf Richter hinter einem Vorhang (velum) tagten (Oikonomides, Listes 322f). Außerdem fungierte er als Krites (Zivil-Gouverneur) des Opsikions, des viertrangigen Themas, mit Hauptstadt Nikaia (heute Iznik) (einem anderen Konstantinos, mit unbekanntem Familienamen, aus dem Stab des Logothetes tu geniku, dem Finanzminister für Steuern und andere Einnamen (vgl. Dölger, Finanzverwaltung 19f, 47; Laurent II 129-194), gehörten folgende Siegel: Konstantinos, Megas Chartularios & Krites tu Opsikiu: DOC.Seals III 59, 39.10; [Konstantinos], Protospatharios, Moderator, Krites tu Belu & ton Anatolikon: DOC.Seals III 156, 86.36ab; originell anepigraph und damit für mehr Text geeignet: Konstantinos, Protospatharios, Moderator, Megas Chartularios, Krites tu Belu & ton Anatolikon: Schlumberger 266, 2; Z/N 431, 974 Tafel 91).
Alle drei der oben ganannten Siegel haben ähnliche Averse und gehören bruchlos zueinander, so dass klar ist, dass alle drei in die Zeit vor Konstantins Verbannung, 1035/1036, gehören. Nach heutigem Kenntnisstand ist das vorliegende und jüngste der Siegel gegen 1035/1036 zu datieren.
Bisher ist somit kein sigillographischer Beweis erbracht, dass Konstantinos Monomachos zur Zeit von Romanos III. Argyros zum Patrikios erhoben wurde, wie zu erwarten gewesen wäre (Seibt, Skleroi 72). Das vorliegende Siegel, bislang das prächtigste vor Konstantins Kaiserherrschaft, lässt erahnen, wie erbost er über den Plan der Höflinge war, ihn nach seiner Rehabilitierung 1042 zum Krites von Hellas zu ernennen und nach Korinth abzuschieben: der Krites des Opsikions rangierte an vierter Stelle der Kritai ton Thematon, der Krites von Hellas an 21. (Oikonomides, Listes 348-351); seine Abschiebung wäre daher auch rangmäßig eine Düpierung gewesen.
Weitere Monomachoi sind besonders durch Siegel bekannt: Theodoros Monomachos, Magistros: Coll. Athen 349, 410 = Laurent, Bulles metriques 307 = Stavrakos 275f, 180; Pothos Monomachos zunächst als Protospatharios & Krites epi tu Hippodromu (Schlumberger 522, 1 = Laurent II 154, 863 Tafel 32, erwähnt bei Stavrakos 276), dann als Orphanotrophos & Krites ton Armeniakon: DOC.Seals IV 59f, 22.18ab; Manuel Monomachos: GM 208, 2012, 2620 (41,94g); Roma 9, 2015, 1005 (42,00g); als Anthypatos-Patrikios: Schlumberger, 681, 2, erwähnt bei Stavrakos 276. Für die Zeit der Palaiologen liefert das PLP, 19286-19309, nicht weniger als 23 Monomachoi und eine Monomachina, ohne Vornamen (10) bzw. mit den Vornamen Georgios (3), Theodoros, Iohannes (3), Leon, Manuel, Michael, Niketas, Tzortze und (...)ustrios.
Am 24. November 1934, unter Kemal Atatürk, war die Hagia Sofia, seit 1453 Moschee, als Museum umgewidmet worden. Im Zuge der Wiedereinsetzung der Hagia Sofia als Moschee namens Ayasofya cami, am Freitag, dem 24. Juli 2020, stellte sich den Muslimen die Frage, wie mit den inzwischen wieder freigelegten christlichen Bildwerken im Innenraum umzugehen sei. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin beteuert, die Fresken, Mosaiken und Ikonen aus der christlichen Ära blieben erhalten. Aber es gibt auch andere Stimmen. Der Historiker Ebubekir Sofuoglu von der Sakarya-Universität fordert, die Bilder zu zerstören. Es sei den Gläubigen nicht zuzumuten, im Angesicht einer Hure zu beten. Damit meint der Geschichtsprofessor ein Mosaik, das die byzantinische Kaiserin Zoe zeigt, die Tochter von Kaiser Konstantin VIII. Als Herrscherin hatte sie keine Fortune: Sie regierte Byzanz nur drei Monate lang, im Frühjahr 1042. Umso größerer Erfolg wird ihr als Liebhaberin nachgesagt (G. Höhler, Erdogans Triumph über Atatürk, Kölner Stadtanzeiger, 23. Juli 2020, 2).
Gelbbraune Patina, vz; MISCELLAN; SIEGEL; BYZANTINISCHE BLEISIEGEL