Etruskische Aschenkiste.
2. Jh. v. Chr. L max. 44,8cm; B max. 22,8cm; H (ohne Deckel) 26,9cm; H (mit Deckel) 43,4cm. Aus beigem Ton mit weißer Grundierung und Resten von Bemalung. Bildfeld und Deckelfigur aus Matrizen geformt. Auf dem Deckel, vollplastisch, ein seitlich lagernder junger Mann, der seinen linken Ellenbogen auf ein Kissen stützt. Seine rechte, auf dem Oberschenkel liegende Hand hält eine Phiale. Er trägt ein langes Gewand und in den Haaren eine Wulstbinde. An der Unterseite der Deckplatte sind noch Reste einer eingeritzten etruskischen Inschrift zu erkennen. Der an den übrigen Seiten undekorierte Urnenkasten trägt auf der Frontseite ein Relief, das links und rechts von Pilastern gerahmt ist und oben von einem flachen Eierstab eingefasst wird. Man sieht mittig zwei Krieger in Rüstung. Während der Linke in breitem Stand den schon zu Boden gedrängten Kontrahenten mit der Rechten ein Schwert in die Kehle stößt, rammt Letzterer, auf einem Bein kniend, seine Waffe von unten in den Unterleib seines Gegners. Begleitet werden die Kämpfenden von zwei antithetisch nach außen strebenden, geflügelten weiblichen Gestalten. In der einen Hand tragen sie eine Fackel, die andere weist auf das Kampfgeschehen in der Mitte. Oberhalb des Eierstabes befinden sich links Reste einer mit schwarzer Farbe geschriebenen etruskischen Inschrift, die den Namen des Verstorbenen nannte, aber nicht mehr lesbar ist.
Mit fachmännischer Beschreibung! Provenienz: Ex R. T.-G., Norddeutschland; ex Hirsch Nachfolger Auktion 286, Los 96; ex Sammlung van der Aa, Belgien; davor Niederlande 1960er Jahre.
Publiziert in: F. Knauß - J. Gebauer (Hg.), Die Etrusker. Ausst. Kat. München 2015, S. 265f., Abb. 4.41.
Die dargestellte Szene zeigt den Höhepunkt des Kampfes der beiden Ödipus-Söhne Eteokles und Polyneikes. Nachdem der Vater aus Gram auf seinen Thron verzichtete, sollten die beiden Brüder in einem jährlichen Turnus die Herrschaft über Theben ausüben. Einmal an der Macht, wollte Eteokles den Thron nicht wieder freigeben, worauf Polyneikes mit Hilfe von sechs weiteren Kriegern als Sieben gegen Theben in den Kampf gegen den Bruder zog. So erfüllte sich der vom Vater auf die Beiden ausgesprochene Fluch. Nachdem Eteokles an sechs der sieben Stadttore siegreich blieb, töteten sich die beiden Erben am siebenten gegenseitig. Die Episode um den Brüderstreit fand bei allen drei attischen Tragikern, obgleich in unterschiedlichen Ausführungen, Einzug. Ihr Werk muss auch im Etrurien hellenistischer Zeit bekannt gewesen sein. Bei den geflügelten Gestalten handelt es sich entweder um zwei Todesdämonen oder um Erinyen, die Rachegöttinnen, die an den Fluch des Vaters erinnern sollen.
Bezüglich der Verwendung als Aschenurne scheint die von Brutalität geprägte Darstellung aus heutiger Sicht ungewöhnlich, zur damaligen Zeit erfreute sie sich aber großer Beliebtheit. Vielleicht brachte man so die Grausamkeit und das Unglück des Todes für den Verstorbenen sowie für die Hinterbliebenen in adäquater Weise zum Ausdruck. Der lagernde Symposiast auf dem Deckel stellte den Verstorbenen selbst dar, der als Gelageteilnehmer dem Ideal einer guten Lebensführung entspricht, diese Vorstellung kann gleichermaßen für das Diesseits als auch für das Jenseits gelten.
Aus der gleichen Matrize wie die Vorderseite dieser Urne, stammen wohl die Frontreliefs der Exemplare in Paris und München.
Etruscan terracotta cinerary urn of rectangular form. 2nd century B.C. Beige clay with white coat, remains of painting. Lid figure and front moulded. On the lid young man lying on his left side with phiale in right hand. On the bottom of the lid remains of a carved etruscan inscription. The relief of the urns frontside is showing the fight between the brothers Eteocles and Polynices, sons of Oedipus, who were in quarrel over the rule of Thebes. Its the high point of the combat when the two brothers are killing each other. The scene is bordered by two female figures with wings, who can be identified either with two death damons or two Erinyes, deities of vengeance, who could be symbolic for Oedipus curse on his sons. This episode was part of Aeschylus famous play Seven against Thebes, but is also told by the other attic tragedians and a very popular object for cinerary urns of hellenistic Etruria. Remains of a painted, indecipherable inscription above relief, showing the name of the deceased. Painting mostly lost and one corner missing; lid figure: fingers of right hand and rim of phiale broken.
With professional description!Farbe zum größten Teil verloren, von der Deckelfigur fehlen die Finger der rechten Hand und ein Teil der Phiale, eine Ecke bestoßen.; OBJEKTE; GRIECHENLAND UND ROM; TERRAKOTTA